Professor Dr. Andreas Tromm
Ev. Krankenhaus, Hattingen
Die autoimmune Hepatitis ist durch einen chronisch
verlaufenden Entzündungsprozess der Leber gekennzeichnet,
bei dem Autoimmunprozesse, d.h. die Abwehrreaktion gegen körpereigene
Leberzellen, eine wichtige Rolle spielen. Unbehandelt mündet
die Erkrankung häufig in einer Leberzirrhose. Die Ursache
der Erkrankung ist nicht bekannt. Mehr als 90 % der betroffenen
Patienten sind weiblichen Geschlechts. In der Altersverteilung
finden sich mehrheitlich junge Mädchen in der Pubertät
sowie Frauen in den Wechseljahren. Inwieweit diese Hormonschwankungen
eine Rolle für die Auslesung der Erkrankung spielen, ist
nicht geklärt.
Die Beschwerden sind
unspezifisch: Meist dominieren Müdigkeit, Übelkeit,
Schwindel sowie diffuse Abdominalbeschwerden.
Etwa zwei Drittel der Patienten fallen durch eine Gelbsucht
auf. Im Stadium der Leberzirrhose können dann Leberhautzeichen,
Bauchwassersucht sowie Beinödeme auftreten. Die Erkrankung
kann mit einer Reihe von anderen Immunphänomenen einhergehen,
die nicht unmittelbar auf die Leber bezogen werden, insbesondere
Regenbogenhautentzündung des Auges, Gelenk- und Muskelschmerzen.
Die Diagnose der Erkrankung wird im Prinzip über Laboruntersuchungen
gestellt. Erste richtungsweisende Untersuchung ist dabei die
meist deutliche Erhöhung der Transaminasen (GOT, GPT).
Daneben besteht eine meist charakteristische Erhöhung der
Gamma-Globuline in der Elektrophorese sowie die Vermehrung des
Immunglobulins G. Die Erkrankung ist exakter zu charakterisieren
durch das Auftreten so genannter Autoantikörper, d.h. Abwehrstoffe,
die der Körper gegen Leberzellbestandteile bildet.
Durch die Bestimmung der entsprechenden Antikörper können
Untertypen der Autoimmunhepatitis sicher diagnostiziert werden.
Am häufigsten ist der Typ 1 der Autoimmunhepatitis, der
gekennzeichnet ist durch positive antinukleäre Antikörper
(ANA). Früher wurde diese Krankheitsform auch als so genannte
Iupoide Hepatitis bezeichnet. Beim Typ 2 sind Antikörper
gegen Leber-, Nieren-, mikrosomale Antikörper (LKM) beweisend.
Beim Typ 3 findet sich ein Antikörper gegen lösliche
Leberantigene (SLA).
In der Abgrenzung
zu anderen Hepatitis-Erkrankungen sind die Virushepatitiden
A - E von Bedeutung sowie Erkrankungen, die primär die
Gallengänge betreffen wie die primär biliäre
Zirrhose (Diagnostik: AMA, IgM) und die primär sklerosierende
Cholangitis (p-ANCA).
Schließlich bleiben Speicherkrankheiten wie die Eisen-
und Kupferspeicherkrankheit und alkoholbedingte Leberschäden
zu berücksichtigen.
Unbehandelt mündet die autoimmune Hepatitis relativ sicher
in eine Leberzirrhose.
Zum Teil wird die Erkrankung bei manchen Patienten aufgrund
des raschen Verlaufes erst im Stadium der Leberzirrhose diagnostiziert.
Auf einer Sitzung einer internationalen Arbeitsgemeinschaft
wurde ein so genannter Punkte Score erarbeitet, welcher ab einer
bestimmten Punktzahl die Diagnose der Erkrankung wahrscheinlich
macht. Sehr charakteristisch und für die Krankheit beweisend
sind die feingeweblichen Veränderungen bei Probeentnahme
aus der Leber. Der besondere Stellenwert der Laparoskopie liegt
in der Beurteilung der Leberoberfläche. Diese Methode stellt
die sicherste Methode zur Leberzirrhose-Diagnostik dar.
Die Behandlung besteht in einer hochdosierten immunsuppressiven
Therapie, wobei sich einerseits die Gabe von Prednisolon (Cortison)
sowie die Kombinationsbehandlung mit Azathioprin (z.B. Imurek,
Zytrim, Azafalk, Colinsan) bewährt hat. In den meisten
Fällen wird die Cortisontherapie hochdosiert durchgeführt
und auf eine niedrige Erhaltungsdosis reduziert. In den meisten
Fällen wird nach zwei bis drei Jahren ein Auslass-Versuch
unternommen. Tritt hiernach ein Rückfall der Erkrankung
auf, muss die Therapie nach dem derzeitigen Kenntnisstand als
Langzeittherapie wieder aufgenommen werden.
Aus den letzten Jahren gibt es erste Studien, die zeigen, dass
das ursprünglich für die Behandlung chronisch entzündlicher
Darmerkrankungen entwickelte Cortison-Präparat Budesonid
auch bei autoimmuner Hepatitis wirksam ist und zu deutlich weniger
unerwünschten Wirkungen führt als die klassischen
Steroidpräparate. Bei fortgeschrittenem Krankheitsbild
im Stadium der Leberzirrhose ist auch die Möglichkeit einer
Lebertransplantation zu erwägen. Aufgrund der dann nach
der Transplantation notwendigen immunsuppressiven Therapie wurde
im transplantierten Organ kein Rezidiv der Autoimmunhepatitis
beobachtet.
Zusammenfassend ist
festzuhalten, dass die autoimmune Hepatitis unbehandelt ein
rasch fortschreitendes Krankheitsbild ist, welches zum Auftreten
einer Leberzirrhose führt.
Andererseits spricht die Erkrankung auf die immunsupprimierende
Therapie mit Cortison und Azathioprin recht gut an.
Prof. Dr.
Andreas Tromm
Ev. Krankenhaus, Hattingen
|