Die Leber und ... Hepatitis C
Dr. Elmar Zehnter
niedergel. Internist & Gastroenterologe, Dortmund

1988 gelang die Isolierung eines bis dahin unbekannten Virus, das für eine Reihe von Leberentzündungen verantwortlich ist, die als so genannte Non-A-non-B-Hepatitis bezeichnet wurden.
Dieses Virus wurde Hepatitis C Virus (HCV) genannt.

Die Mehrzahl der akuten Hepatitis-C-Virusinfektionen verläuft unbemerkt. Kurzfristige grippale Symptome und Übelkeit können auftreten. Eine klassische "Gelbsucht" tritt fast nie auf. 50-70 % der Erkrankungen verlaufen chronisch, d.h. das Virus verbleibt im Körper. Das Immunsystem schafft es nicht, das Virus zu eliminieren. Während die Erkrankung bei einem Teil der Infizierten ohne größere Schäden an der Leber ablaufen kann, führt sie bei anderen zur fortschreitenden Zerstörung bis zur Zirrhose und Leberkrebs.
Vermutlich entsteht eine chronische Infektion, wenn zum Infektionszeitpunkt die übertragene Virusmenge hoch und die Abwehrlage des Körpers schlecht ist. Dies dürfte der Grund sein, warum nach Übertragung infizierter Blutkonserven die Erkrankungshäufigkeit höher ist als beispielsweise nach Nadelstichverletzungen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weltweit ca. 170 Millionen Menschen infiziert sind.
Nach einer Studie der Universität Regensburg sind ca. 0,64 % der deutschen Bevölkerung mit dem Hepatitis-C-Virus infiziert.

Die häufigste Ursache für HCV-Infektionen waren vor 1991 Bluttransfusionen. So hatten in einer Studie Kinder, die vor 1991 am Herzen operiert wurden und Bluttransfusionen erhalten hatten, zu 14,6 % HCV-Antikörper im Blut, während ihre nicht-operierten Altersgenossen nur zu 0,7 % HCV-Antikörper besaßen.
Die sexuelle Übertragung von HCV spielt im Gegensatz zur Hepatitis B keine große Rolle, solange keine Verletzungen oder blutende Wunden auftreten. Nachdem seit einigen Jahren alle Blutkonserven mit sehr empfindlichen Methoden auf das Vorhandensein von Hepatitis C Viren geprüft werden müssen, stellt intravenöser Drogenmissbrauch zur Zeit das Hauptrisiko für eine Infektion mit Hepatitis C dar.
Darüber hinaus können unsaubere Bestecke beim Tätowieren oder beim Piercing zu einer Infektion führen.
Die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung von der Mutter auf das Kind ist gering und wird mit ca. 5-6 % angegeben. Die Erkrankung beim Neugeborenen hat eine hohe Spontanheilungsrate und zeigt meist einen gutartigen Verlauf.
Ein Kaiserschnitt ist aufgrund der Infektion nicht erforderlich.
Stillen ist sicher, wenn keine Entzündung der Brustdrüse vorliegt. Das Virus wird nicht mit der Muttermilch ausgeschieden.
Die Übertragung innerhalb der Familie durch engen sozialen Kontakt ist vernachlässigbar gering.

Man kann mit einem Infizierten aus einer Tasse trinken und ihm gefahrlos die Hand geben. Dinge, die mit seinem Blut in Berührung kommen können wie z.B. Zahnbürste, Rasierapparat, Nagelschere etc. dürfen jedoch nicht "ausgeliehen" werden. Patienten mit Hepatitis C fallen unter das Bundesinfektionsschutzgesetz. Die akute Erkrankung ist meldepflichtig. Verbreitet der Infizierte die Erkrankung, auch durch fahrlässiges Verhalten, macht er sich strafbar. Es gibt in der Bundesrepublik bis jetzt jedoch nur einen einzigen Fall, bei dem es zu einer Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung gekommen ist. Der Infizierte muss seinen Partner über seine Erkrankung informieren, ebenso seinen behandelnden Arzt und Zahnarzt. Dies gilt nicht für den Arbeitgeber. Einschränkungen in der Berufsausübung sind in der Regel bis auf wenige Ausnahmen (Chirurgen) nicht gegeben. Das Gesundheitsamt kann Auflagen machen. Bei Personen aus dem medizinischen Bereich, die sich im Beruf mit Hepatitis C infiziert haben, sollte ein Antrag auf Anerkennung als Berufskrankheit gestellt werden.

Häufig wird die Erkrankung zufällig beim Hausarzt oder im Rahmen einer betriebsärztlichen Untersuchung festgestellt. Die Patienten klagen oft über Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder andere unspezifische Symptome.
Beim Arzt fallen im Rahmen von Blutuntersuchungen dann erhöhte Leberwerte, die so genannten "Transaminasen" (GOT, GPT) auf. Ein Test auf das Vorhandensein von HCV-Antikörpern erhärtet dann den Verdacht auf das Vorliegen einer Hepatitis C. Die weitergehende Abklärung, die dann meistens beim Gastroenterologen erfolgt, beinhaltet den Direktnachweis des Virus im Blut, die Bestimmung der Anzahl der Viren "Viruslast" und die Untergruppe des Virus, den so genannten "Genotypen".

Die Hepatitis C kann mit einer großen Anzahl verschiedener Erkrankungen verbunden sein. Dieses Phänomen bezeichnet man als "extrahepatische Manifestationen". Hiermit bezeichnet man durch die Hepatitis C Infektion ausgelöste Krankheitserscheinungen außerhalb der Leber.
Die häufigsten Krankheitserscheinungen sind Gelenkschmerzen, Hautveränderungen, Kryo-globulinämie (Veränderungen der Körpereiweiße bei Kälte).
Behandelt werden sollten Patienten mit erhöhten Leberwerten oder bei Vorliegen extrahepatischer Manifestationen.
Auch bei Patienten mit vollkommen normalen Leberwerten kann die Therapie eine Verbesserung bringen, wie neue Studienergebnisse belegen. Die Erfolgsaussichten und die möglichen Nebenwirkungen sind mit dem Patienten genau zu besprechen.

Vor Therapiebeginn sollte, wenn möglich, eine Leberpunktion durchgeführt werden. Dies ist eine Gewebsentnahme aus der Leber. Sie ist zwar für eine Therapieentscheidung nicht unbedingt erforderlich, wenn man jedoch das Ausmaß der Leberschädigung durch das Virus und eine Prognose über den weiteren Verlauf der Erkrankung abgeben will, kann sie hilfreich sein. Wichtig ist, dass die Gewebsprobe von einem in der Beurteilung von Lebergewebe sehr erfahrenen Pathologen beurteilt wird. Es sollte immer das Ausmaß der Entzündung (grading) und das Ausmaß des bindegewebigen Umbaus (staging) im Befund angegeben werden. Das geringe Risiko der Punktion ist mit dem Patienten genau zu besprechen.

Die Therapie der Hepatitis C besteht aus einer Kombination zweier Medikamente: Interferon-alpha und Ribavirin.
Interferone sind körpereigene Botenstoffe, die bestimmte Immunreaktionen in Gang setzen und somit das Immunsystem veranlassen, das Virus mit Hilfe bestimmter Abwehrzellen zu bekämpfen. Bei Patienten, die eine chronische Hepatitis C haben, liegt häufig eine Störung der körpereigenen Interferonproduktion vor.
Die häufigsten Nebenwirkungen der Interferone sind starke grippeähnliche Symptome, Abfall der weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und der Blutplättchen (Thrombozyten), Haarausfall, Gereiztheit, Depressionen und Schilddrüsenfunktionsstörungen. Patienten, die zu Depressionen neigen, müssen vor Therapiebeginn von einem mit der Interferontherapie vertrauten Psychiater antidepressiv eingestellt werden.
Bis vor einigen Jahren wurden solche Patienten aus Angst vor Suiziden nicht therapiert. Mittlerweile weiß man, dass diese Patienten, wenn sie mit Antidepressiva der neueren Generation behandelt werden, die gleichen guten Erfolgsaussichten bei einer Interferontherapie haben wie psychisch Gesunde.

Ribavirin ist ein Medikament, dass das Virus in seine eigene Erbsubstanz (RNA) einbaut und damit seine Vermehrung hemmt. Nebenwirkung ist vor allem eine Blutarmut. Das Medikament wird als Tablette eingenommen.

Die Therapiedauer liegt je nach Genotyp und Viruslast zwischen 6 und 12 Monaten. Die Therapie kann vollständig ambulant durchgeführt werden. Von seltenen Ausnahmen abgesehen, braucht man wegen einer Hepatitis nicht stationär aufgenommen zu werden.
Seit einiger Zeit gibt es Langzeitinterferone (pegylierte Interferone), die nur noch einmal wöchentlich gespritzt werden müssen.
Sie haben die Therapie für den Patienten deutlich vereinfacht, außerdem ist die Nebenwirkungsrate dieser neuen Interferone geringer. Die Erfolgsquoten liegen zwischen 45 % beim schlecht ansprechenden Genotypen 1 B und über 90 % bei den Genotypen 2 und 3. Prognostische Parameter für ein gutes Ansprechen der Therapie sind:

  •   niedrige Viruslast,
  •   Genotyp 2 oder 3,
  •   Alter unter 40 Jahren,
  •   Krankheitsdauer unter 7 Jahren,
  •   weibliches Geschlecht.

Ein Patient gilt als geheilt, wenn 6 Monate nach Therapieende die Leberwerte normal sind und das Virus mit der sehr empfindlichen PCR-Methode im Blut nicht mehr nachweisbar ist.

Wenn 12 Wochen nach Therapiebeginn die Virenanzahl nicht um mindestens 99 % abgefallen ist (2 log-Stufen), kann die Therapie abgebrochen werden, da dann nicht mehr von einem Ansprechen auf die Therapie ausgegangen werden kann.
Bei Patienten, die nicht auf die Therapie angesprochen haben, können andere Interferone probiert werden. Zur Zeit werden neue Medikamente erprobt, die direkt das Virus in seiner Vermehrung hemmen (Polymerasehemmstoffe, Proteaseinhibitoren etc.). Bis sie allgemein verfügbar sind, werden jedoch noch einige Jahre vergehen.
Mit Hochdruck wird an einem Impfstoff gearbeitet. Bei Menschenaffen scheint er bereits zu funktionieren.

So genannte "Leberschutzpräparate" wie Auszüge aus Artischocken oder der Mariendistel (Silimarin) sind bei Hepatitis C erwiesenermaßen wirkungslos! Das Geld sollte man besser für andere Dinge ausgeben!
Die einzig wirklich sinnvolle Diätmaßnahme ist der Alkoholverzicht!
Die Kombination von Alkohol und Hepatitis C verschlechtert den Verlauf der Hepatitis C teilweise dramatisch und kann tödlich enden.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Hepatitis C heute bereits in einem hohen Prozentsatz geheilt werden kann. Die Therapie ist nebenwirkungsbehaftet, aber effektiv. Die Entwicklung neuer Medikamente in den nächsten Jahren wird wahrscheinlich auch den bis jetzt noch nicht behandelbaren Patienten eine Chance bieten.

Dr. Elmar Zehnter
niedergel. Internist & Gastroenterologe, Dortmund

 

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